So komplex kann Kneten in einer Kindergruppe sein

Die älteren Kinder der Gruppe Grün haben für sich ein Thema entdeckt: “Kuchen backen” Auf den ersten Blick vielleicht nichts Spezielles und mit einem
Material mit dem sie schon oft Bekanntschaft geschlossen haben und das ebenfalls nichts Neues ist. Nämlich Knete. Trotzdem, wenn wir uns die ersten zwei Fotos anschauen, merken wir, dass da etwas geschehen ist. Unglaublich zufrieden und stolz zeigen Chloè, Ada, und Noel uns ihre fertigen Produkte. Zweimal Schoggikuchen und einmal ein grüner Kuchen. Gebacken (mehrmals) in unserem Backofen auf Gruppe Grün, eine
Kartonschachtel mit Deckel (Ofentüre) und gebacken in einer Team-Leistung. Hergestellt in Einzelarbeit jedes für sich zum Teil mit viel
aufwändigen Details. Hm, wer von den Erwachsenen hat sich schon zu dritt in einer Küche organisieren müssen? So wird sichtbar wie schwierig diese Aufgabe eigentlich war. Den Kindern fehlen noch viele Begriffe, die für uns selbstverständlich sind. Sie fertigen diese drei Kuchen, mit insgesamt ca. drei vollständigen Sätzen, einzelne Worte, ein paar “Wrum”(Warum)? vielen Blickkontakten, viel Gestik und dazwischen mit stillem Eifer.

Hinzu kommt, dass sie sich ja nicht nur zu dritt organisieren müssen bei diesem Angebot in der offenen Arbeit. Es sind bis zu 10 Kinder mit
den gleichen Materialien beschäftigt. Darum ein Wort zu den jüngeren Kindern Louis, Jonathan und Dyiaan. Auch sie sind eine Stunde lang hochbeschäftigt. Das “Kuchen backen” in der Kartonschachtel wird von Dyiaan zwar interessiert beobachtet, aber wirklich beschäftigt ist er mit seiner eigenen Idee. Er bemerkt zu Beginn, wie viel Gewicht der grosse grüne Knetknollen im Sack hat. Als er ihn hochhebt gerät er einen Moment sogar aus dem Gleichgewicht. Sein Thema ist nun mehrheitlich der Transport von A nach B mit unterschiedlich schweren Materialien. Muscheln, Federn und immer wieder der grosse schwere Sack mit der Knete. Mit der Zeit wird dieser immer leichter, da die Kinder ja Knete aus dem Sack holen. Ein Zusammenhang den er so 1:1 sehen erleben und erfahren kann. Jonathan ist der Neuling am Knet-Angebot in der Gruppe. Erst seit kurzem kann er gehen. So erweitert sich seine Welt, er hat nun die Wahl wohin er gehen kann, die Kindergruppe als grosses Ganzes ist aber auch eine Herausforderung für ihn. Zu Beginn beobachtet er die Kindergruppe darum aus der Ferne. Dann fasst er Mut und kommt an den Tisch. Die weiche etwas klebrige Knete fasziniert ihn weniger, aber die Muscheln, die werden ganz genau betrachtet und vorsichtig mit dem Pinzettengriff aus den Schalen genommen. Louis ist ebenfalls mit einer eigenen Idee beschäftigt, er interessiert sich für die Knete, zieht ein Röhrli daraus hervor, das Ada vorher hineingesteckt hat, nimmt auch ein Stück in die Hand. Aber danach bemerkt er die vielen unterschiedlichen Materalien in den Körbli. Gleich wie Diyaan transportiert er diese ebenfalls, aber er beginnt auch Materalien auszusortieren oder neue Anordnungen in den Gefässen herzustellen. Er nimmt auch die Knete dazu.

So komplex kann Kneten in einer Kindergruppe sein.Viele unterschiedliche Sinne und Wahrnehmungen werden von den Kindern so bearbeitet und
vertieft. In der Theorie sagt man, dass wenn Kinder einen Inhalt verinnerlichen sollen, müssen mind. 3 von 4 Basalen Sinneskanälen aktiviert werden, so werden im Hirn die Verknüpfungen aktiviert und erweitert.

AYRES, Jean: Bausteine der kindlichen Entwicklung
Die Bedeutung der Integration der Sinne für die Entwicklung des Kindes

Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 2002

Verfasserin: Antonia