Partizipation hat viele Gesichter – Praxis der Partizipation im Kita-Alltag

Partizipation ist überwiegend im politischem Sinne bekannt und meint das demokratische Mitentscheidungsverfahren, welches wir hierzulande kennen. In der pädagogischen Fachliteratur wird es oft auch als Mitwirken, Mitbestimmung, Kooperation oder gar Selbstbestimmung in Verbindung gebracht. Der Gedanke der Partizipation entspring demokratischen Erziehungsmodellen. Im wesentlichen geht es darum, das Machtgefälle zwischen Erwachsenen und Kinder zu minimieren und den Kindern mehr Möglichkeit zur Mitwirkung zu geben. Dabei orientiert sich Partizipation am Bildungsverständnis der Menschenrechte, sowie an den Forderungen der UNO-Kinderrechtskonvention und sieht Partizipation als Grundrecht an.

Das Einbinden der Kompetenzen der Kinder in alltägliche Routinen, ist ein wichtiger Bestandteil von Partizipation. Partizipation als Grundverständnis sieht voraus, dass das Kind als Akteur gesehen wird und Einfluss auf das Zusammenleben hat. Der Begriff der Akteurenschaft legt den Fokus auf die Betätigung der Kinder.

Der Blick auf die Beziehung zwischen einer Fachfrau Betreuung zu Kindern und von Kindern untereinander, ist entscheidend für ein breites Partizipationsverständnis.
Das Wissen über kindliche Bedürfnisse ist auf der Beziehungsebene für Partizipation unterlässlich, „wenn sie nicht ihre kindlichen Adressaten verfehlen will“.

Drei menschliche und damit für Kinder ebenso relevante Grundbedürfnisse sind entscheidend für das Wohlbefinden der Kinder:

● Kompetenz (wirksam sein können)

● Autonomie (Freiwilligkeit, selbstbestimmt sein können)

● Soziale Eingebundenheit (zugehörig sein können)

Das Wissen um die Bedürfnisse von Kindern ist handlungsleitend für die Interaktionen. So kann Wirksamkeit und Kompetenz von Kindern durch alltägliche Partizipation erlebt werden. Alltägliche Routinen bieten zahlreiche Möglichkeiten. Durch die Ermutigung aller Kinder, ihre Kompetenzen bei z.B. hauswirtschaftlichen und praktischen Tätigkeiten in der Kita einzubringen, durch alltägliche Mithilfe und das Mitgestalten von Angeboten, sowie durch das gemeinsame Erarbeiten von Konfliktlösungsstrategien, erfahren Kinder Wirksamkeit und können teilgeben. Aufgabe der Fachperson ist es, die Teilgaben der Kinder wahrzunehmen, zu fordern und auch der Peer-Gruppe zur Verfügung zu stellen.

Lara z.B. möchte anderen Kindern (soziale Eingebundenheit) in Wickelsituationen helfen (wirksam sein können). Sie fragt Freunde von sich aus (Freiwilligkeit, und Zugehörigkeit), ob sie unterstützend mitwirken darf. Hier lernt Lara in der Begleitung mit den Fachpersonen Demokratie. Lara ist gefordert die Antwort von den beteiligen Kindern abzuwarten und ggf. auch ein Nein zu akzeptieren. Im Gegenzug erlebt sie Gemeinschaft, wenn sie helfen darf oder selbst auch mal Hilfe annimmt.

Ebenso wie bei den Erwachsenen ist Information ein grundlegender Baustein von Partizipation. Wenn der Erwachsene in der Gesellschaft sein Stimmrecht geltend machen möchte, so tut er dies nur dann gewissenhaft, wenn er seine Meinungsbildung mittels Informationsbeschaffung organisiert.

Der Umgang mit Informationen wurde in der Alltagsroutine etabliert und hat kürzlich eine neue Form erhalten. Wir treffen uns jetzt bei jeder Tageshälfte und singen ein Lied zum Thema soziale Eingebundenheit. Jedes Kind erhält in diesem Moment durch das Singen des Liedes „ Wir halten einander“ einen kurzen Moment der Aufmerksamkeit. Dann nämlich, wenn sein Name gesungen wird. Im nächsten Schritt erhalten die Kinder die Informationen darüber, welche Angebote in den jeweiligen Bildungsbereichen geplant sind. Ein aktuelles Foto des Bildungsraums steht den Kindern zur Verfügung. Die Kinder haben somit ein Piktogramm, welches die Vorstellung von der geplanten Tätigkeit vereinfacht darstellt. Findet in einem Bildungsraum explizit ein Angebot für ein Kind statt, so ist das Kind ebenfalls auf dem Pikotogramm abgebildet.

Aktuell iniziiert die Gruppe Gelb ein Angebot für Karl zum horizontalen und vertikalen Bauen. Karl findet im Info-Kreis ein Foto vor, bei welchem er auf Gruppe Gelb baut. Er darf das Angebot den Kindern präsentieren und am vorgegeben Platz (Bildkarte Gelb) einsortieren. Karl steht es nun frei, ob er das Angebot auf Gruppe Gelb nutzen will. Doch ist er explizit mit der Information eingeladen, es zu tun und an seinem Bildungsprozess als aktiver Akteur weiterzuarbeiten.

Verfasserin: Marie-Christine