Verhaltenskodizes

Verhaltenskodizes zur Sicherstellung des Kindeswohls

Die körperliche und seelische Unversehrtheit der bei uns betreuten Kinder sind unser oberstes Gebot. Aus diesem Grund haben sich alle MitarbeiterInnen verpflichtet, die folgenden Verhaltenskodizes in Bezug auf sexuelle Gewalt sowie psychische und physische Gewalt einzuhalten. Eine der wirksamsten Präventionsinstrumente ist ein hohes Mass an Transparenz und offene Kommunikation zu diesem sensiblen Thema. Aus diesem Grund haben wir uns dafür entschieden, die Kodizes allen Interessieren auf dieser Website zugänglich zu machen.

Verhaltenskodex in Bezug auf sexuelle Gewalt

Grundsätzliches

In der Kindertagesstätte sollen die betreuten Kinder sicher sein. Mit den nachfolgenden Verhaltensregeln sollen nicht nur die Kinder, sondern auch die Mitarbeitenden geschützt werden. Dieser Verhaltenskodex gilt als Ergänzung zu den kibesuisse-Richtlinien.

1. Position der Kindertagesstätte und der Mitarbeitenden

In der Kindertagesstätte werden sexuelle Übergriffe gegen Kinder durch Mitarbeitende und unter den Kindern in keiner Weise toleriert.

Die Mitarbeitenden der Kindertagesstätte wissen Bescheid über die Problematik von Grenz- verletzungen und sexueller Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen und unternehmen alles, um Grenzverletzungen und Übergriffe zu verhindern.

Die Mitarbeitenden kennen die relevanten Artikel des Schweizerischen Strafgesetzbuches (insbesondere Art. 187 und 188 StGB; vgl. Anhang 1).

Sie sind sich zudem bewusst, dass das Herunterladen, Produzieren und Weiterleiten/Verkaufen kinderpornographischen Materials Straftatbestände darstellen und rechtliche Konsequenzen haben – auch wenn dies ausserhalb der Tagesstätte geschieht und ebenfalls dann, wenn andere als die ihnen anvertrauten Kinder davon betroffen sind.

Sind sexuelle Übergriffe geschehen, unternehmen die Mitarbeitenden die nötigen Schritte zur Verhinderung weiterer Übergriffe und die Einleitung von Hilfsmassnahmen für die Opfer (siehe „Interventionsleitfaden bei sexueller Ausbeutung in Kindertagesstätten und Horten“).

Die Mitarbeitenden sind sich bewusst, dass bei Zuwiderhandeln gegen die Gesetze und gegen diese Verpflichtungserklärung strafrechtliche oder arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet werden.

2. Haltung der Mitarbeitenden

Die Mitarbeitenden der Kindertagesstätte sind dem Schutz und dem Wohlergehen der ihnen anvertrauten Kinder verpflichtet.

Die Mitarbeitenden überschreiten die Grenzen der noch tolerierbaren Nähe nicht und wahren die nötige Distanz zu den Kindern (zu den daraus erwachsenen Verhaltensregeln siehe Kapitel 4). Die Verantwortung liegt immer bei den Erwachsenen. Das Recht der Kinder auf Integrität, Privat- und Intimsphäre wird nicht verletzt. Die Mitarbeitenden halten auch dann die nötige Distanz ein, wenn Impulse allenfalls von Kindern ausgehen.

In Situationen, die Körperkontakt und körperliche Hilfestellungen erfordern, gelten spezielle Regeln (siehe Ausführungen: 4 Verhaltensregeln in der täglichen Arbeit).

Private Beziehungen zwischen Kindern und Mitarbeitenden sind Kontakte ausserhalb des Arbeitsauftrages und mit einer professionellen Grundhaltung unvereinbar. Den Mitarbeiter/innen der Kita Regenbogen ist es erlaubt, Kinder aus der Kita zu „babysitten“. Dabei gilt es die Schweigepflicht, sowie interne Regelungen einzuhalten, sodass private Interessen und Beruf nicht vermischt werden.

3. Handeln bei Verdacht auf sexuelle Übergriffe / bei sexuellen Übergriffen

Die Kindertagesstätten-Leitung zu informieren hat nichts mit Denunziantentum zu tun, sondern mit Engagement zu Gunsten der Rechte und des Wohlergehens von Kindern und Jugendlichen, die Opfer von sexuellen Übergriffen geworden sind.

Ist die Kindertagesstätten-Leitung selber involviert und/oder reagiert diese nicht, ist die nächsthöhere Stelle (Krippenaufsicht des Sozialdepartements) und/oder eine Fachstelle zu informieren.

Erhalten Mitarbeitende Kenntnisse von sexueller Ausbeutung gegenüber Kindern oder zwi- schen Kindern, leiten sie diese Informationen an die Kindertagesstätten-Leitung weiter. Das gleiche gilt auch in Verdachtssituationen und unabhängig davon, ob die Täterschaft zu den Mitarbeitenden gehört, ein anderes Kind ist, eine Person aus dem Umfeld des Kindes oder allenfalls eine unbekannte Person.

Grundsätzlich obliegt es der Leitung, Kontakte zu Fachstellen und Behörden herzustellen und die weiteren Schritte zu planen.

Das direkte Ansprechen des Problems mit den angeschuldigten Personen wird genauso vermieden wie das direkte Ansprechen des als Opfer bezeichneten Kindes.

Äussert sich ein Opfer direkt bei einem Mitarbeitenden, wird dem Kind erklärt, dass der Mitarbeitende die Informationen an die Kindertagesstätten-Leitung weiter leiten muss.

4. Verhaltensregeln in der täglichen Arbeit

Grundsatz: Nähe und Distanz

Die Verantwortung zwischen Nähe und Distanz liegt immer bei den Mitarbeitenden. Neben diesem Grundsatz gelten die nachfolgenden Regeln für alle Mitarbeitenden:

Berührung

Die Kindertagesstätte legt grossen Wert auf einen natürlichen und herzlichen Umgang mit den Kindern. Das Berühren und Trösten von Kindern ist selbstverständlich, wenn die Kinder dieses Bedürfnis verbal oder auch non-verbal äussern.

Sitzen auf dem Schoss

Die Mitarbeitenden fordern nicht aus eigenem Interesse die Kinder auf, auf ihren Schoss zu sitzen. Die Kinder dürfen auf dem Schoss, wenn sie das Bedürfnis danach äussern oder zeigen. Auch beim Trösten sollte der Impuls für das auf den Schoss nehmen vom Kind kommen.

Küssen von Kindern

Den Mitarbeiter/innen des Vereins Orte für Kinder ist das Küssen von Kindern untersagt. Die MitarbeiterInnen kommunizieren den Kindern, dass sie nicht von ihnen geküsst werden möchten und treffen geeignete Massnahmen, um einen Kuss durch ein Kind zu vermeiden. Lässt es sich ein Kuss nicht vermeiden, muss klar sichtbar sein, dass der Kuss ausschliesslich vom Kind ausgegangen ist. Zur Vermeidung eines Kusses muss ein natürliches Mass gewahrt werden. Wir sprechen Abweichungen von der Regel im Team an. Alle Handlungen mit einem sexuellen Charakter (Berühren von Brust und Genitalien von Kindern, ausser beim Wickeln, s.u.) sind wie eine sexualisierte Sprache verboten.

Einzelbetreuung

Betreut ein(e) Mitarbeitende(r) ein einzelnes Kind, geschieht dies immer in Absprache mit weiteren Mitarbeitenden. Der Gruppenleitung obliegt die Kontrolle, ob die Verhaltensregeln eingehalten werden.

Frühdienst / Spätdienst

Es kann vorkommen, dass Früh- oder Spätdienste von einer/einem Mitarbeitenden allein geleistet werden. Die Türen zu den Gruppenzimmern bleiben offen. Leitung und Eltern sind informiert.

Wickeln

Wenn gewickelt wird, wird ein(e) Mitarbeitende(r) informiert. Die Kinder werden nur von einer Bezugsperson gewickelt (keine Schnuppernden). Die Türe zum Wickelraum innerhalb der Gruppe bleibt offen (die Glastüre vom WC kann geschlossen sein). Wickelt eine Bezugsperson ein Kind, während sie alleine im Raum ist, informiert sie vorgängig ein/e andere/r Mitarbeiter/in. Das Eincremen im Intimbereich gehört zum Wickeln, wenn dies nötig ist.

Gang aufs WC

Das Kind wird nur begleitet, wenn es Hilfe benötigt. Dies wird mit den Eltern abgesprochen.

Fiebermessen

Das Fieber wird in der Regel im Ohr gemessen. Wenn eine rektale Messung (After) wegen der Genauigkeit oder der Kooperation des Kindes notwendig ist, wird das Fieber nur durch die Gruppenleitung im Beisein einer zweiten Person gemessen.

Mittagsschlaf

Beim Einschlafen der Kinder ist ein(e) Mitarbeitende(r) im Schlafzimmer anwesend. Der / die MitarbeiterIn im Schlafzimmer kann jederzeit von einem anderen Mitarbeitenden spontan überprüft werden. Die Gruppen etablieren spontane Stichproben, um sicherzustellen, dass keine Gewähr für unüberprüfte Zeiten im Schlafzimmer entsteht. Das Kind wird nur am Kopf, Brust, Bauch, Rücken oder Hand berührt (nicht gestreichelt), und auch nur, wenn es dies ausdrücklich wünscht oder seiner Beruhigung/Regulierung dient. Die Eltern sind darüber informiert. Kinder liegen auf einem eigenen Schlafplatz, die Betreuer sind neben der Matratze.

Baden

Wird im Sommer gebadet oder gespielt, tragen die Kinder Badekleider oder (Bade-)Windeln. Muss sich ein Kind in der Öffentlichkeit ausziehen, sind die BetreuerInnen um einen ausreichenden Sichtschutz besorgt. Die Kinder werden nur in Ausnahmefällen im Haus geduscht – nach Absprache mit der Gruppenleitung und evtl. auch mit den Eltern und in Anwesenheit einer zweiten Person. Das Duschen muss begründet sein.

„Dökterle“ / Entdecken des eigenen Körpers

Das Entdecken des eigenen Körpers gehört zur normalen Entwicklung eines Kindes. Das Spiel wird zugelassen und soll an einem dafür bestimmten, geschützten Ort stattfinden, ohne dass sich die Kinder weggeschickt fühlen. Es ist ein Spielzwischen Kindern. Erwachsene nehmen nicht teil an den kindlichen Handlungen. Das Spiel wird unauffällig beobachtet. Es wird nur eingegriffen, wenn ein Machtgefälle oder eine Verletzungsgefahr durch Fremdkörper (Gegenstände) oder die kindlichen Handlungen entsteht. Die Kinder sollen in etwa dem gleichen Alter sein.

Wenn ein Kind in diese Phase kommt, werden dessen Eltern darauf angesprochen, um einen offenen, natürlichen und professionellen Umgang mit diesem Thema gewährleisten zu können.

Sprache

Die Geschlechtsteile werden durch BetreuerInnnen anatomisch korrekt und einheitlich benannt. Die Kindertagesstätte einigt sich auf folgende Begrifflichkeiten: „Penis“ und „Scheide“, „zwischen den Schamlippen“, „After“, „Fudi/Füdli“.

Aufklärung

Es ist nicht Aufgabe der Mitarbeitenden, die Kinder aufzuklären. Stellen die Kinder konkrete Fragen, werden diese altersgerecht beantwortet und die Eltern anschliessend informiert.

Verabreichen von Medikamenten

Wenn Kinder Medikamente benötigen, füllen die Eltern das interne Medikamenten-Blatt aus. Medikamente verabreichen dürfen nur die ausgelernten Erzieher/innen oder Lernende in Anwesenheit/Anleitung der GL. Zäpfchen werden in der Kita nur in Ausnahmefällen durch eine ausgelernte Erzieherin/einen ausgelernten Erzieher verabreicht.

Fotografieren

Von den Kindern werden lediglich für berufliche Zwecke Fotos gemacht (z.B. Dokumentation von Unterlagen). Es werden keine Fotos von privaten Geräten gemacht und ausschliesslich die Foto-Kameras der Kita Regenbogen benutzt (siehe Medienreglement). Die Eltern sind über den Verwendungszweck orientiert und unterzeichnen die Erlaubnis mit dem Betreuungsvertrag. Eltern haben selbstverständlich die Möglichkeit, die Erlaubnis zu widerrufen (Opting-Out).

Anhang 1: Schweizerisches Strafgesetzbuch

Fünfter Titel: Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität

Art. 187 
1. Gefährdung der Entwicklung von Unmündigen. Sexuelle Handlungen mit Kindern

1. Wer mit einem Kind unter 16 Jahren eine sexuelle Handlung vornimmt, es zu einer solchen Handlung verleitet oder
es in eine sexuelle Handlung einbezieht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.

2. Die Handlung ist nicht strafbar, wenn der Altersunterschied zwischen den Beteiligten nicht mehr als drei Jahre beträgt.

3.1 Hat der Täter zur Zeit der Tat das 20. Altersjahr noch nicht zurückgelegt und liegen be- sondere Umstände vor oder ist die verletzte Person mit ihm die Ehe oder eine eingetragene Partnerschaft eingegangen, so kann die zuständige Behörde von der Strafverfolgung, der Überweisung an das Gericht oder der Bestrafung absehen.

4. Handelte der Täter in der irrigen Vorstellung, das Kind sei mindestens 16 Jahre alt, hätte er jedoch bei pflichtgemässer Vorsicht den Irrtum vermeiden können, so ist die Strafe Frei- heitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Art. 188
 Sexuelle Handlungen mit Abhängigen

1. Wer mit einer unmündigen Person von mehr als 16 Jahren, die von ihm durch ein Erziehungs-, Betreuungs- oder Arbeitsverhältnis oder auf andere Weise abhängig ist, eine sexuelle Handlung vornimmt, indem er diese Abhängigkeit ausnützt, wer eine solche Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit zu einer sexuellen Handlung verleitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

2. Ist die verletzte Person mit dem Täter eine Ehe oder eine eingetragene Partnerschaft eingegangen, so kann die zuständige Behörde von der Strafverfolgung, der Überweisung an das Gericht oder der Bestrafung absehen.

Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter der Kita Regenbogen hat folgende Erklärung unterschrieben:

Verpflichtungserklärung zur Einhaltung des Verhaltenskodex in Bezug auf sexuelle Gewalt

Der / die Unterzeichnende

Name:                 ____________________

Vorname:           ____________________

Geburtsdatum: ____________________

bestätigt hiermit, dass er / sie

noch nie sexuelle Handlungen an Kindern und Jugendlichen vorgenommen hat und dies nie machen wird
keine pädosexuellen Neigungen hat
in kein laufendes Strafverfahren involviert ist.

Ich teile die dargelegten Grundsätze und verpflichte mich, diese Grundsätze einzuhalten.

Sodann verpflichte ich mich, bei Kenntnis oder Verdacht sexueller Ausbeutung gegenüber Kindern, welche in der Kindertagesstätte betreut werden, die Kindertagesstätten-Leitung zu informieren.

___________________                                    ____________________________

Ort und Datum                                           Unterschrift

 

 

Verhaltenskodex zur Prävention von Physischer und Psychischer Gewalt

Grundsätzliches

In der Kindertagesstätte sollen die betreuten Kinder sicher sein. Mit den nachfolgenden Verhaltensregeln sollen nicht nur die Kinder, sondern auch die Mitarbeitenden geschuützt werden. Diese Leitlinien stellen eine Ergänzung zu den kibesuisse-Richtlinien dar.

1. Definition von physischer und psychischer Gewalt

1.1 Physische = körperliche Gewalt

Körperliche Gewalt sind nicht nur Schläge, sondern auch Schuütteln, Stossen, gewaltsam Füttern, an den Ohren ziehen, an den Armen reissen, ein Kind auf den Stuhl stossen, zum Stillsitzen zwingen oder auf die Matratze drücken. Auch Essenszwang oder Ernährungsentzug ist eine Form von Gewalt.

Von körperlicher Gewalt spricht man, wenn die Unversehrtheit eines menschlichen Körpers durch eine oder mehrere Personen absichtlich verletzt wird.

 1.2 Psychische = seelische Gewalt

Seelische Gewalt an Kindern ist jene Gewaltform, die wohl am häufigsten auftritt, jedoch schwieriger zu erkennen ist. Sie wird häufig als „normale Erziehungsmethode“ verharmlost. Eltern, aber auch Bezugspersonen greifen im Alltag aktiv wie auch passiv, d.h. ohne es zu wollen oder gar zu merken, zu dieser Form der Gewalt (vgl. Homepage Kinderschutz Schweiz).

Dazu zählt, Kinder zu beschimpfen, abzulehnen, blosszustellen, zum Sündenbock zu machen, sie mit Aufmerksamkeitsentzug zu strafen, ihnen zu drohen oder mutwillig Angst zu machen. Physische Gewalt ist aber auch, wenn die Bedürfnisse der Kinder vernachlässig werden oder sie ein Übermass an erstickender Aufmerksamkeit erhalten.

Unter psychischer Gewalt ist bewusstes oder unbewusstes „erzieherisches“ Verhalten gemeint, das Kinder durch Bestrafung und Herabsetzung bedeutend in ihrer Entwicklung beeinträchtigen und schädigen kann.

Seelische Gewalt geht mit jeder körperlichen Gewalt einher, da jede körperliche Gewalt eine Demütigung für das Kind bedeutet.

 2. Haltung und Handlungsprinzipien

Die Formulierung von Grundhaltungen sind Pfeiler, die von den involvierten Personen gemeinsam erarbeitet wurden und sie miteinander verbindet.

2.1 Institution Kindertagesstätte

 In der Kindertagesstätte herrscht eine gewaltfreie Umgebung – ohne physische und psychische Gewalt. Es gilt eine Null-Toleranz-Maxime. Diese Grundhaltung widerspiegelt sich in den pädagogischen Grundsätzen und Regeln. Diese werden nach innen und aussen kommuniziert. Mitarbeitende, Kinder und Eltern sind darüber informiert.

  • Die Informations- und Entscheidungsprozesse sind definiert und transparent. Die Mitsprache- und Mitbestimmungsmöglichkeiten von Mitarbeitenden und Eltern sind geregelt.
  • Die Kita ist sich bewusst, dass bedingt durch die kulturelle Durchmischung der Bevölkerung unterschiedliche Wertegrundsätze bei Eltern / Kindern / Mitarbeitenden vorhanden sein können. Personen aus anderen Kulturen werden besonders sorgfältig auf die geltenden Regeln hingewiesen.
  • Mitarbeitende, Kinder und Eltern wissen, dass Verstösse gegen die geltenden Regeln Konsequenzen haben.
  • Die Kita pflegt ein offenes Gesprächsklima mit Eltern, Kindern und Mitarbeitenden. Eine Frage- und Feedbackkultur wird vorgelebt und gefördert.
  • Es gibt für Kinder, Eltern und Mitarbeitende ein einfach zugängliches und nachvollziehbares Rückmelde- und Beschwerdemanagement.
  • In der Kita ist die Kita-Leitung für die Entgegennahme von Meldungen / Abklärung konkreter Vorfälle zuständig.

2.2 Elternarbeit

  • Die Eltern werden vor Beginn der Kinderbetreuung über die Grundhaltung der Kita und die Handlungsprinzipien informiert.
  • Mit den Eltern wird aktiv und offen kommuniziert. Eltern wissen, wen sie bei allfälligen Fragen kontaktieren können.
  • Eltern und Kinder wissen, an wen sie sich wenden können, wenn sie von Misshandlungen Kenntnis haben oder Gewaltanwendung vermuten.

2.3 Mitarbeitende

Die Kita wählt das Personal sorgfältig aus (Einholen von Referenzen, Prüfung der Arbeitszeugnisse, Prüfung der Haltung der Bewerber/innen).

  • Vor der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages wird ein aktueller polizeilicher Strafregisterauszug eingeholt. Die Mitarbeitenden dürfen für keine Straftat verurteilt worden sein, die aufgrund der Schwere oder Art die Betreuung von Kindern in Frage stellt.
  • Der/die Bewerber/in wird über die pädagogischen Grundsätze und Handlungsprinzipien informiert. Bei Neueinstellungen unterschreiben die neuen Mitarbeitenden die vorliegenden Leitlinien. Dadurch sind sie sich bewusst, dass bei Zuwiderhandeln je nach Art des Verstosses zivil-, straf- oder arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet werden können.
  • Die Verinnerlichung der Grundhaltung ist ein Prozess, bei dem die Mitarbeitenden unterstützt werden (Schulungen, Teamsitzungen, Selbstreflexion). Die Mitarbeitenden reflektieren ihre Rolle und ihr eigenes Handeln selbst und im Team. Dafür stellt die Trägerschaft Ressourcen (Zeit, finanzielle Mittel) bereit.
  • Die Mitarbeitenden werden bei Bedarf darin geschult, ihre Gesprächskompetenzen zu stärken.
  • Die Mitarbeitenden kennen die verschiedenen Formen von physischer und psychischer Gewalt. Sie kennen die Problematik von Gewaltanwendung und deren negativen Folgen. In der Kita werden gewaltfreie Erziehungsmethoden angewendet. Die Mitarbeitenden wissen, wie sie in Stresssituationen reagieren müssen, um Gewalt zu verhindern. Dabei werden sie aktiv unterstützt und bei Bedarf geschult.
  • Die Mitarbeitenden kennen ihre eigenen Stärken und Schwächen und erkennen, wann sie an ihre Grenzen stossen. Sie wissen, wo sie Fragen stellen und Hilfe holen können. Fragen und Hilfeholen wird als ein Zeichen von Stärke und Professionalität angesehen.
  • Die Mitarbeitenden kennen die relevanten zivil- und strafrechtlichen Bestimmungen in Bezug auf Gewaltanwendung.

2.4 Kinder

  • Das Kind wird als eigenständiges Individuum und Wesen mit eigenen Bedürfnissen anerkannt. Ihm wird mit Wertschätzung begegnet.
  • Das Kind kann sich seinem Alter entsprechend am Kita- / Hortleben beteiligen und selbstbestimmt handeln. Partizipation ist ein wichtiges Anliegen in der Erziehung, trotzdem gibt es klare Grenzen zwischen Kindern und Erwachsenen.
  • Mädchen und Jungen werden gleichwertig behandelt. Für sie gelten dieselben Regeln.
  • Regeln geben den Kindern Halt und Orientierung und einen geschützten Freiraum, in dem sie sich sicher bewegen können. Hält das Kind die Regeln nicht ein, werden kind- und altersgerechte Massnahmen ergriffen, die dem heutigen pädagogischen Wissen entsprechen. Regeln sind klar, direkt und konkret und wachsen mit den Kindern mit.
  • Die Mitarbeitenden in den Kitas sind ein Vorbild für die Kinder und verhalten sich glaubwürdig.

 

3. Prävention durch Verhaltensregeln in der täglichen Arbeit

Verhaltensregeln dienen dazu, Situationen, in denen physische / psychische Gewalt entstehen könnte, zu entschärfen. Das schafft Sicherheit und Transparenz gegenüber allen Beteiligten und ist ein wichtiger Teil der Prävention.

3.1 Mahlzeiten

Den Kindern wird regelmässig und ausreichend abwechslungsreiches und gesundes Essen und Flüssigkeit in altersgerechter Zubereitung bereitgestellt.

  • Die Kinder haben ausreichend Zeit zum Essen und Trinken.
  • Kleine Kinder bekommen Hilfe beim Essen.
  • Es gibt keinen Essenszwang. Jedes Kind entscheidet selbst, ob und was es von den angebotenen Speisen essen möchte und wann es satt ist.
  • Die Kinder haben jederzeit Zugang zu ungesüssten Getränken.
  • Bei kleinen Kindern achten die Erzieherinnen auf die Körpersprache, um zu merken, wann sie satt sind.
  • Die Kita respektiert die Essgewohnheiten anderer Kulturen.
  • Nahrung ist kein Machtmittel. Nahrungsentzug zur Bestrafung ist verboten. Nahrungsmittel zur Belohnung sind ebenso ungeeignet.

3.2 Körperliches Wohlbefinden

Die Kita achtet auf einen abwechslungsreichen, dem Alter der Kinder angepassten Tagesablauf. Die Räume sind ausreichend gross, hell, sauber, gut gelüftet und dem Alter der Kinder entsprechend ausgestattet. Wenn ein Unwohlsein des Kindes festgestellt wird, ergreifen die Mitarbeitenden entsprechende Massnahmen.

  • Auf Hygiene wird geachtet. Die Windeln von Kleinkindern werden ausreichend oft gewechselt und die Haut gepflegt. Schmutzige oder nasse Kleidung wird gewechselt.
  • Das Kind kann selbst entscheiden, ob es aktiv sein will oder eine Ruhephase benötigt. Bei kleinen Kindern achten die Mitarbeitenden auf die Körpersprache, um zu merken, wann das Kind Schlaf benötigt. Kleine Kinder werden beim Erlernen des Schlaf-Wach-Rhythmus unterstützt.
  • Kinder, die in der Kita schlafen, haben einen geeigneten, ruhigen Schlafplatz. Sie werden nicht zum Schlafen gezwungen.
  • Die Kinder haben die Möglichkeit, in Räumen oder im Freien zu spielen. Die Mitarbeitenden beachten das abwechselnde Bedürfnis der Kinder nach Ruhe und Bewegung und schaffen entsprechende Möglichkeiten, damit Kinder dieses Bedürfnis ausleben können.
  • Kinder haben der Witterung entsprechende Kleidung. Dabei wird das individuelle Wärme- / Kälteempfinden des Kindes respektiert. Die Mitarbeitenden achten auf Signale der Kinder und merken so, wenn sie überhitzt oder unterkühlt sind.
  • Bei grosser Hitze haben die Kinder die Möglichkeit, sich abzukühlen (Wasserspiele, Getränke). Ein ausreichender Schutz vor Sonneneinstrahlung (Beschattung, Mützen, Vermeiden der Mittagshitze) ist gewährleistet.

3.3 Seelisches Wohlbefinden

  • Das Kind wird behutsam in der Kita eingewöhnt. Die Eltern begleiten die Kinder in der Eingewöhnungsphase und geben dem Kind die Zeit, die es dafür benötigt.
  • Das individuelle Bedürfnis der Kinder nach Nähe und Distanz wird respektiert.
  • Das Kind entscheidet, ob es allein oder mit anderen Kindern spielen will.
  • Die Persönlichkeit des Kindes wird respektiert. Das Kind wird bei der Entwicklung zu einer selbstbewussten Persönlichkeit unterstützt und gestärkt. Es darf auch „NEIN“ sagen.
  • Kinder werden in ihrer physischen, psychischen und sozialen Entwicklung unterstützt, bestimmen das Tempo aber selbst. Sie werden zu Entwicklungsschritten ermutigt, entscheiden jedoch selbst, ob und wann sie diesen machen wollen.

3.4 Kommunikation und Umgang miteinander

  • Dem Kind wird mit Wertschätzung begegnet. Kinder lernen am Beispiel der Erwachsenen. Deshalb wird auch unter den Erwachsenen ein respektvoller, wertschätzender Umgang gepflegt.
  • In der Kita wird eine positive, kultivierte Sprache gesprochen. Für Erwachsene sind abfällige, rassistische Bemerkungen und Schimpfwörter tabu. Den Kindern wird altersgerecht erklärt, welche Wörter in der Kita nicht toleriert werden und welche Bedeutung sie haben.
  • Die Kita achtet auf Konstanz in der Betreuung und unterstützt den Aufbau von Beziehungen zu den Mitarbeitenden und anderen Kindern.
  • Mit den Kindern wird in einer altersgerechten Sprache kommuniziert. Regeln werden nach Möglichkeit erklärt und begründet.

3.5 Schutz vor Gefahren in Kita-Alltag

Die Kita verfügt über ein Sicherheitskonzept. Es beinhaltet unter anderem folgende Punkte: Krankheiten/Unfälle, Notfälle/Erste Hilfe, Sicherheit beim Bringen/Holen, Sicherheit beim Spielen, Gifte/Gefahrenstoffe, Brandschutz, elektrische Gefahren.

  • Ausgebildetes Personal ist jederzeit (auch in den Bring- und Holzeiten) anwesend und verfügbar.
  • Gefährliche Orte in der Betreuungseinrichtung sind im Rahmen der pädagogischen Nutzungsbestimmung abgesichert (z.B. Treppe, Herd, scharfe Kanten, Abhänge etc.).
  • Reinigungsmittel, Medikamente und andere gefährliche Gegenstände sind an einem für Kinder unerreichbaren Ort aufbewahrt.
  • Ausflüge ausserhalb der Betreuungseinrichtung sind geplant und werden nur mit genügend Betreuungspersonen durchgeführt.
  • Aktivitäten mit erhöhtem Gefahrenpotential (z.B. Velofahren, Rollschuhfahren) werden nur mit dem entsprechenden Sicherheitsmassnahmen (z.B. Helm, Knie/Armschoner) durchgeführt.
  • Die Mitarbeitenden der Kita sind mit den wichtigsten Erste-Hilfe-Regeln und dem Vorgehen im Brandfall vertraut.
  • Die Notfallnummern für Feuerwehr, Polizei, Rettung sind für alle Mitarbeitenden gut sichtbar angebracht.
  • Die Kinder werden von den Mitarbeitenden altersgerecht für Gefahren in der Umwelt sensibilisiert.
  • Tipps zum Schutz vor Gefahren gibt auch die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) in diversen Publikationen.

4.  Erkennen und Handeln bei Übertretungen

Übertretungen sind nicht immer einfach zu erkennen. Manchmal beobachtet man sie auch nicht selbst, sondern man „hört“ davon. Es kann auch sein, dass eine Betreuungsperson den Verdacht schöpft, dass ein Kind Gewalt in der Familie erfährt. Genaues Hinschauen und Erkennen kann gelernt werden. Schon die Auseinandersetzung mit dem Thema sensibilisiert und hilft, Überschreitungen zu erkennen.

4.1 Was tun, wenn Sie von Misshandlungen eines Kindes Kenntnis haben?

Wenn Sie von Misshandlungen von Kindern Kenntnis haben, oder wenn Sie vermuten, dass ein Kind misshandelt wird, nehmen Sie Ihre Vermutung ernst und lassen Sie Ihr ‚ungutes‘ Gefühl nicht auf sich sitzen. Es ist besser, ein Mal zu früh als ein Mal zu spät oder gar nicht zu handeln.

Nehmen Sie (ein) Kind(er) ernst, wenn es/sie von Gewalt erzählt/erzählen. Vermitteln Sie die wichtige Grundbotschaft: du bist / ihr seid nicht schuld!

Nehmen Sie als Betreuungsperson Ihre Verantwortung wahr. Beobachten Sie und sammeln Sie sämtliche Informationen, die Sie haben. Halten Sie die Informationen schriftlich fest.

Nehmen Sie bei einem Verdacht oder Gewissheit unverzüglich Kontakt mit der Kita-Leitung auf. Gemeinsam soll dann beschlossen werden, wie vorgegangen wird. Falls die Leitung nicht reagiert, wenden Sie sich an die nächst höhere Instanz (z.B. Trägerschaft). Ist keine höhere Instanz vorhanden, wenden Sie sich an eine Fachstelle. Je nachdem, um welche Art der Gewalt es sich handelt, ist unterschiedliches Vorgehen angebracht:

  • bei Vernachlässigung und Körperstrafen ist zuerst und vor allem so früh wie möglich das Gespräch mit der misshandelnden Person zu suchen. Es geht nicht darum, nach Schuldigen zu suchen oder zu verurteilen. Ziel eines Gesprächs muss sein, herauszufinden, wie den Personen, die Gewalt anwenden, am besten geholfen werden kann, sodass sie in Zukunft auf Gewalt verzichten können.
    • Sind die misshandelnden Personen Mitarbeitende aus der Kita, so haben sie sich Regeln widersetzt (sie sind ja bezüglich der Haltung der Kita und der Null-Toleranz informiert – siehe Punkt 3.1). Klare Zielsetzungen müssen vereinbart und eine Kontrolle eingeführt werden. Spätestens bei Wiederholungen kommen auch rechtliche Sanktionen ins Spiel.
    • Handelt es sich um misshandelnde Eltern, so ist das Ziel, sie so zu unterstützen, dass sie auf Gewalt verzichten können.
  • bei sexueller Gewalt ist direkte Konfrontation mit der misshandelnden Person zu vermeiden (siehe Interventionsleitfaden bei sexueller Ausbeutung) und eine Fachstelle aufzusuchen.

Wenn die Gewalt so gross ist und eine akute Gefährdung (massiver Druck aufs Kind oder Gefahr der Eskalation) besteht, ist eine Fachstelle zu kontaktieren.

Wichtig ist ein transparentes Vorgehen, auch gegenüber Kindern (altersabhängig), damit kein ‚erneuter‘ Vertrauensbruch geschieht. Zum Beispiel soll man es darüber informieren, was als nächstes geschieht und was das für das Kind bedeutet. .

Mit Fachleuten (Fachstellen) können Sie das weitere Vorgehen besprechen. Eine Möglichkeit besteht darin, der zuständigen Behörde (Kindes- und Erwachsenen- schutzbehörde) Meldung zu machen. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde hat die Pflicht, immer dort, wo das Wohlergehen eines Kindes gefährdet erscheint, die nötigen Abklärungen in die Wege zu leiten und allfällige Massnahmen zur Behebung der Gefährdungssituation zu beschliessen.

Die Kita verfügt über eine Liste von Fachstellen, welche sie im Bedarfsfall kontaktieren und um Rat fragen kann.

5    Sanktionen

5.1 Verpflichtungserklärung

Entlang der Empfehlung von kibesuisse werden die Leitlinien zur Prävention physischer und psychischer Gewalt zusammen mit dem Arbeitsvertrag abgegeben und sind integraler Bestandteil des Arbeitsvertrages.

Mit der Unterschrift bestätigen die Mitarbeitenden, die Leitlinien gelesen zu haben, und verpflichten sich, die dargelegten Grundsätze einzuhalten.

 

Der / die Unterzeichnende

Name:                    ____________________

Vorname:               ____________________

Geburtsdatum:      ____________________

bestätigt hiermit, dass er / sie die vorliegenden Leitlinien zur Prävention physischer und psychischer Gewalt gelesen hat.

Ich bin zu keiner Straftat verurteilt worden, die aufgrund der Schwere oder Art die Betreuung von Kindern in Frage stellt.

Ich teile die unter Punkt 3 aufgeführten pädagogischen Grundsätze und Handlungsprinzipien und verpflichte mich, diese einzuhalten. Ich bin mir bewusst, dass bei Zuwiderhandeln straf-, zivil- oder arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet werden können.

Ich verpflichte mich weiter, bei Kenntnis oder Vermutung von physischer oder psychischer Gewalt gegenüber Kindern, welche in der Kindertagesstätte oder im Hort betreut werden, die Leitung zu informieren.

_____________________                                      __________________________

Ort und Datum                                                            Unterschrift