Ästhetische Bildung

Kinder lernen nicht in einzelnen Sequenzen oder in Teilaspekten, sondern ganzheitlich. Besonders in der sensumotorischen Stufe (nach Piaget) ist das sinnliche Lernen ein essenzieller Teil der frühkindlichen Entwicklung. Eher neu wird auch von der ästhetischen Bildung gesprochen. «Ästhetisch ist alles, was die Sinne anregt und Gefühle und Empfindungen hervorruft, welche rationale Verarbeitung und den daraus potentiellen Erkenntnisgewinn ermöglichen». Braun 2017, S. 79

Der Begriff Bildung suggeriert dabei die Eigenaktivität des Kindes. Also nicht bloss eine passive Aufnahme und Verarbeitung von Reizen, sondern die innere aktive Beteiligung in der Auseinandersetzung.

Giorgio macht gerade seine allerersten Erfahrungen mit Sand. Er liegt auf einem Badetuch, auf dem unebenen, flexiblen und weichen Untergrund. Dies lässt Giorgio einen Moment innehalten. Nur schon der neue Untergrund scheint etwas in ihm auszulösen. Nach einem weiteren Moment bemerkt Giorgio die Sandkörner. Wiederholt streicht er mit den Fingern durch das Material. Was für ein sinnliches Erlebnis! Ästhetische Bildung basiert auf der physischen Reizaufnahme über alle Wahrnehmungskanäle und stellt den emotionalen Aspekt des intensiv erlebten Momentes in den Hauptfokus. Anders ausgedrückt, geht es bei der ästhetischen Bildung nicht nur um das reine Wahrnehmen, sondern was als emotionaler Denkprozess im Kind selbst vorgeht.

Sehen wir doch Giorgio bei dieser Tätigkeit in sein Gesicht. Wie war doch Pestalozzis Ausdruck «über die Hand, durchs Herz zum Kopf», was (Braun 2011) in dieser Fotoreihe zum Ausdruck kommt. Giorgio zeigt im ersten Moment einen eher überraschten Ausdruck im Gesicht. Das ungewohnte Material scheint seine Neugierde geweckt zu haben. Vielleicht empfindet er auch Skepsis. Um vom hypothetischen denken/ interpretieren der Gefühlslage weg zu kommen wage ich aber die pauschale Aussage, dass das neue Material Sand sichtlich Emotionen in Giorgio ausgelöst hat. Dies ermutigt ihn, sich weiter damit auseinander zu setzten. Denn ist die Neugierde erst einmal geweckt, sind wir in einem ästhetischen Prozess bereit uns weiter und staunend mit dem Material zu befassen. Es entsteht eine genüssliche Auseinandersetzung oder gar Flow mit dem Neuem.

Verfasserin: Marie-Christine